DasArtenschutzprojekt für Reptilienist im Frühjahr 2022 gestartet und wurde über drei Jahre von derStiftung für die Natur Ravensberggefördert. Projektgebiet: Kreis Gütersloh.Ansprechpartnerin: Conny Oberwelland |
|
ZauneidechseDie Zauneidechse besiedelt vor allem Lebensräume, die durch den Menschen geprägt sind. Dazu zählen u. a. Bahndämme, Wegränder, Böschungen, Halbtrocken- und Trockenrasen, Materialentnahmestellen, extensiv genutztes Grünland, Dünen- und Heidegebiete. Wichtig sind vor allem abgestufte Vegetationsübergänge, geeignete Versteckmöglichkeiten zum Schutz vor Fressfeinden sowie Sonnplätze, wie Steine, Totholz oder freie Bodenstellen. Für die Eiablage bevorzugen die Zauneidechsen sandige Böden, die sich schnell erwärmen. Vorkommen im Kreis Gütersloh Die Zauneidechse besiedelt zahlreiche Stellen an der DB-Strecke von Bielefeld nach Hamm und auch Bereiche der stillgelegten TWE-Bahnstrecke in Gütersloh und Harsewinkel. Die Populationsdichten variieren in Abhängigkeit der Besonnung und der Qualität der angrenzenden Lebensräume. Weitere Vorkommen gibt es in Naturschutzgebieten, die günstige Lebensraumbedingungen bieten. Es handelt sich beispielsweise um Gebiete mit Binnendünen und Heideflächen. Die Zauneidechse wird in der Roten Liste von NRW (Schlüpmann et al. 2011) als „stark gefährdet“ geführt und ist in Europa laut Flora Fauna Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) eine streng geschützte Art. (Bild: C. Quirini-Jürgens) Am Bahnhof in Avenwedde bieten Steinhaufen, Totholz, lückig bewachsene Erdwälle, Bereiche mit fehlender bis hin zu dichterer Vegetation einen weiten Temperaturgradienten für die Eidechsen. (Bild: C. Oberwelland) |
(Bild: B. Thiesmeier) (Bild: T. Bierbaum) Gut zu wissen: Zauneidechsen produzieren Abwehrstoffe gegen Borreliose. Werden sie von Zecken mit dem Erreger befallen, so wird die Zecke borreliosefrei und die Infektionskette ist unterbrochen.Zauneidechsen gehören zu der Familie der Echten Eidechsen (Lacertidae), Gattung Lacerta. Die Jungtiere besitzen eine bräunliche Färbung mit oftmals dunkel umrandeten, weißen Flecken auf dem Rücken und den Flanken. (Bild: C. Oberwelland) |
WaldeidechseDie Waldeidechse hingegen ist aufgrund ihrer klimatischen Anpassung an die nördlichen Breiten lebendgebärend. Die Jungen sind vom ersten Tag an nach ihrer Geburt auf sich allein gestellt. Die Waldeidechse besiedelt u.a. auch gern Bahnanlagen, Steinbrüche, Heidestandorte, Moore, Sandgruben und Dünen sowie Wald- und Wegränder. Zur Erhöhung ihrer Körpertemperatur sucht die Waldeidechse warme Steine und Totholz als Sonnplätze auf. Sie bevorzugen etwas feuchtere Habitate als die Zauneidechse. Vorkommen im Kreis Gütersloh Die Waldeidechse hat im kompletten Kreis Vorkommen, zumeist sind es eher sehr kleine und kleinere Populationen, die oftmals auf Zufallsbeobachtungen zurückgehen. Ein Lebensraum, den die Eidechse im Kreis besiedelt, sind offene Flächen am und im Teutoburger Wald, wie Magerrasenbereiche, ein Kalksteinbrüche oder auch die Wacholderheide-Fläche am Hermannsweg in Steinhagen-Amshausen. Zudem wurden kleinere Populationen auf Flächen mit extensiv genutztem Grünland erfasst. Weitere Vorkommen gibt es an Bahnstrecken, wie beispielsweise der TWE-Strecke in Gütersloh, Harsewinkel, Versmold und Verl. Auch der Lebensraum Moor wird von der Waldeidechse angenommen. Laut Roter Liste von NRW (Schlüpmann et al. 2011) ist die Waldeidechse ungefährdet und wird in der Vorwarnliste geführt. |
(Bild: B. Walter) Gut zu wissen: Die Waldeidechsen gehört zu der Familie der Echten Eidechsen (Lacertidae) und zählt als einzige Art zu der Gattung Zootoca. Das NSG Hühnermoor ist Lebensraum einer größeren Waldeidechsen-Population. (Bild: I. Jürgens) |
MauereidechseDie Mauereidechse ist ein typischer Kulturfolger, der in Weinbergen, an Gebäuden, sowie an Bahn- und Straßenböschungen vorkommt. Doch insgesamt ist ihr Biotopspektrum sehr breit. Flächen, die nach Südosten oder Südwesten exponiert sind, werden von ihr bevorzugt. Und wie ihr Name schon sagt: Oftmals ist sie an Mauern anzutreffen, deren Hohlräume ihr Schutz gegen starke Hitze und Kälte bieten und als Versteck dienen. Auf den warmen Steinen kann sie ihren Organismus beim Sonnenbaden auf „Betriebstemperatur“ bringen, um sich auf die Jagd nach Insekten und Spinnen zu begeben. Diese Trockenmauer aus Findlingen stellt einen attraktiven Lebensraum für die wärmeliebenden Mauereidechsen dar. (Bild: T. Bierbaum) Vorkommen im Kreis Gütersloh Das älteste Vorkommen der Mauereidechse im Kreis Gütersloh befindet sich in Schloss Holte-Stukenbrock am Bahnhof der DB-Bahnstrecke Bielefeld-Quelle Richtung Paderborn. Es geht auf entflohene Tiere aus Terrarien zurück. Die seit 1964 bekannte Population wurde auf 300 bis 500 Individuen geschätzt (Schulte et al. 2011). Es handelt sich um Tiere der Unterart Podarcis muralis brongniardii, die in Westdeutschland (Rheinland etc.), der Westschweiz und Frankreich verbreitet ist (Schulte et al. 2008).
|
Es handelt sich um eine kleine Population in zwei Gärten mit Trockenbiotopen aus Steinen und Sand. Die Bestimmung der Unterart erfolgte durch den Reptilien-Experten Dr. U. Schulte: Podarcis muralis maculiventris-Ost (Venetienlinie). Die Tiere dieser Linie stammen von der östlichen Poebene und Venetien sowie angrenzend Istrien ab (Schulte et al. 2011).
Ein weiteres Vorkommen der Mauereidechse befindet sich an der stillgelegten TWE-Bahnstrecke Gütersloh - Verl. Es handelt es sich vermutlich um die Unterart Podarcis muralis brongniardii, bzw. Podarcis muralis maculiventris-West. Während P. m. brongniardii ihr natürliches Verbreitungsgebiet in Westdeutschland (Rheinland etc.), in der Westschweiz und Frankreich hat, ist P. m. maculiventris-West im westlichen Oberitalien, in den Südalpen und im Inntal heimisch (Schulte et al., 2011). Eine sehr große Population der Unterart P. m. maculiventris-West besteht in Bielefeld im Naturschutzgebiet Blömkeberg und im Botanischen Garten seit 1996. Gut zu wissen: Für unsere Region wird die Mauereidechse in der Roten Liste (Schlüpmann et al. 2011) als „(lokal) etablierte Bestände entstanden aus ausgesetzten Tieren“ geführt. Die nicht-heimische Mauereidechse ist zwar nicht als invasive Art definiert, kann jedoch als Konkurrent die heimische Zauneidechse und Waldeidechse verdrängen und wird daher nicht durch gezielte Maßnahmen gefördert. Auch die Mauereidechse gehört zu den Echten Eidechsen (Lacertidae), Gattung Podarcis. |
BlindschleicheDie Blindschleiche ist die häufigste Reptilienart bei uns, was auch auf ihre breit gefassten Lebensraumansprüchen zurückzuführen ist. Zu finden ist sie beispielsweise in Waldgebieten, auf Wiesen, Brachen und Heideflächen, an Wegrändern und Bahndämmen, in Parks und an Hecken. Oftmals wird die Blindschleiche zum Verkehrsopfer, wobei sie auch von Zweirädern überfahren werden kann. Vorkommen im Kreis Gütersloh Viele Vorkommen, die uns bekannt sind, gehen auf Einzelfunde und auf Meldungen aus der Bevölkerung zurück. Die Vorkommen und auch die Dichte der Blindschleichen- Populationen ist stark an geeignete Lebensräume gekoppelt. So bietet insbesondere der Teutoburger Wald mit seinen offenen Bereichen, wie der Wacholderheidefläche in Steinhagen und seinen Randbereichen attraktive Bedingungen für die Schleichen. Der Biologischen Station sind kleinere bis größere Populationen auch aus Naturschutzgebieten, die sie betreut, bekannt. Eine recht hohe Anzahl an Daten liegen zudem aus dem Stadtgebiet Gütersloh vor, u. a. weil dieses im Rahmen der Untersuchung von Thiesmeier et al. (2016) umfassend untersucht wurde. Es ist anzunehmen, dass zahlreiche Vorkommen isoliert sind, da vielerorts Vernetzungsstrukturen fehlen. Blindschleichen nutzen häufig dieselben Lebensräume wie andere Reptilien, wie beispielsweise die Waldeidechse. (Bild: C. Quirini-Jürgens) |
Blindschleichen werden bis zu 57,5 cm lang. Die meisten erwachsenen Tiere erreichen aber eher eine Länge von 40 bis 45 cm. (Bild: C. Oberwelland) Gut zu wissen: Die Blindschleiche gehört nicht zu den Schlangen, sondern zu der Familie der Schleichen (Anguidae). Diese haben im Gegensatz zu den Schlangen bewegliche, verschließbare Augenlider. Sie bewegen sich langsamer und weniger agil als Schlangen. Der Biss einer Blindschleiche ist im Gegensatz zum Biss einiger Schlangen nicht giftig. Die Blindschleiche kann zwar nur eingeschränkt sehen, ist aber nicht blind! Ihr Name wird vielmehr darauf zurückgeführt, dass ihr Körper blendend und glänzend ist. Sie gehört genau wie die Waldeidechse zu den lebendgebärenden Reptilien, die keine Eier ablegen. Laut Roter Liste von NRW (Schlüpmann et al. 2011) ist die Blindschleiche ungefährdet und wird in der Vorwarnliste geführt. |
Aufruf an Radfahrer:Blindschleichen halten sich oftmals auch auf den Wegen auf.Bitte nehmen Sie Rücksicht auf die Tiere und umfahren Sie diese!
Gefährdung der ReptilienDie Zerstörung von Lebensräumen und Kleinstrukturen in der Landschaft stellt ein großes Problem für die Reptilien dar. Dazu zählen die Kultivierung von Brachland, die Umwandlung von Grünland in Acker, der Verlust von Randstreifen und Böschungen, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder auch die zunehmende Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege und die Versiegelung durch den Siedlungsbau. Überdies kann das Vorkommen einer hohen Anzahl natürlicher Feinde zu einer Gefährdung beitragen. Reptilien gehören zum Beutespektrum von Greifvögeln, Rabenvögeln, Eulen, Fasanen, Amseln, Wildschweinen, Waschbären, Mardern, Füchsen, Igeln, Ratten, Hauskatzen,… Die Eidechsen werden überdies von Schlangen, z.B. der Schlingnatter gefressen, während Blindschleichen-Jungtiere wiederum Eidechsen zum Opfer fallen können. |
SchutzmaßnahmenAls mögliche Pflege-Maßnahmen sind die Entfernung von Gehölzaufwuchs, die schonende Mahd und das Abtragen von Oberboden zu nennen.Förder-Maßnahmen sind z.B. die Einrichtung von Pufferzonen aus Gras und Hochstauden sowie Sträuchern im Randbereich von Weiden oder Ackerflächen. An sonnigen Stellen können Wurzelstock-Sandhaufen (aus Wurzeln, grobem Totholz und Sand) errichtet werden. Sie stellen ideale Versteck-, Sonnen- und Eiablageplätze für Zauneidechsen dar. Auch Holzstrukturen, wie Benjeshecken und Totholzhaufen, werden von Reptilien gern aufgesucht. Wichtig ist, die Strukturen offen zu halten, also von Vegetation regelmäßig freizustellen. Steil gewachsene Waldränder sollten zurückgestuft und mit Altgras- und Hochstaudensäumen aufgewertet werden (möglichst 5 - 10 Meter breit). Überdies können Buchten in die Waldränder geschlagen werden, um den Reptilien möglichst viele Sonnenplätze zu bieten. Nach der Maßnahme werden die Waldränder alle vier bis sechs Jahre aufgelichtet und Teilbereiche der aufkommenden Vegetation im Spätherbst oder Winter gemäht. Ziel ist die Schaffung eines strukturreichen Mosaiks mit unterschiedlichen Vegetationshöhen.Kleinwüchsige, dornige Sträucher sollten gefördert werden. Nach dem Fällen von Einzelbäumen sollten die Baumstümpfe idealerweise noch über die umliegende Vegetation hinausragen, um den Platz zum Sonnen für die Reptilien zu erhalten. Neue Lebensräume werden möglichst im Bereich derselben Meta-Population umgesetzt oder zumindest mit anderen Beständen derselben Art vernetzt. (Meta-Populationen sind Gruppen von Teilpopulationen, die über Genaustausch miteinander interagieren) |
Diese Wiesen-Schlüsselblumen-Fläche im NSG Gartnischberg in Halle bedarf einer extensiven, schonenden Bewirtschaftung. Sie bietet der Blindschleiche einen attraktiven Lebensraum. (Bild: C. Quirini-Jürgens) Mit Hilfe der Anlage von Steinhaufen mit Wurzelstöcken kann die Zauneidechse gefördert werden. (Bild: H. Meinig) Abgestufte Waldrandstrukturen mit Buchten bieten den Reptilien Plätze mit unterschiedlichen Sonneneinstrahlungen. (Bild: M. Glatfeld) |
QuellenSchlüpmann, M.; Mutz, T.; Kronshage, A.; Geiger, A. & Hachtel, M. unter Mitarbeit des Arbeitskreises Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalen (2011): Rote Liste und Artenverzeichnis der Kriechtiere und Lurche - Reptilia et Amphibia - in Nordrhein-Westfalen. In: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen. 4. Fassung. - LANUV-Fachbericht 36, Band 2: 159-222.Schulte, U., B. Thiesmeier, W. Mayer & S. Schweiger (2008): Allochthone Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland. Zeitschrift für Feldherpetologie 15: 139-156. Schulte, U., Bidinger, K., Deichsel, G., Hochkirch, A. Thiesmeier, B. & Veith, M. (2011): Verbreitung, geografische Herkunft und naturschutzrechtliche Aspekte allochthoner Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland. Zeitschrift für Feldherpetologie 18: 161–180. Thiesmeier, B., Albrecht, J. & U. Schulte (2016): Reptilien in Gütersloh.- Feldherpetologisches Magazin 5: 29-38. |