Großer Brachvogel (Numenius arquata)Leider zeigt auch der Große Brachvogel einen langfristig negativen Trend im Kreis Gütersloh und in Bielefeld. Der Rückgang setzte etwa ab dem Jahr 2010 ein. Die aktuell festgestellten 48 Brutpaare können mit Zählungen aus früheren Jahren verglichen werden. So konnte Manfred Kipp (1985) noch 83 Reviere und das Naturschutzzentrum-Ostwestfalen (NZO, 1990) zwischen 81 und 85 Revierpaare ermitteln. Wir haben also einen Rückgang von 43% innerhalb der letzten 30 Jahre zu verzeichnen. Von den 51 bekannten Gebieten mit Vorkommen des Großen Brachvogels im Kreis Gütersloh und in der Stadt Bielefeld sind aktuell nur noch 13 Gebiete (25%) besetzt. Immerhin ist dieser Wert seit 2018 stabil geblieben.Der Brutbestand des Großen Brachvogels 1993 bis 2021 im Kreis Gütersloh. Dargestellt ist die Entwicklung der Paarzahlen innerhalb und außerhalb der Feuchtwiesenschutzgebiete sowie der jeweilige Gesamtbestand für den Kreis Gütersloh (ohne Bielefeld); einzelne Männchen wurden nicht berücksichtigt. Es war über eine längere Zeitspanne eine zunehmende Konzentration des Brachvogels auf die Feuchtwiesenschutzgebiete zu beobachten. Die Kapazität der Gebiete reicht jedoch nicht aus, um den Rückgang der Gesamtpopulation auszugleichen. Aktuell geht auch in einigen Schutzgebieten (Grasmeerwiesen, Feuchtwiesen Hörste) der Brachvogelbestand deutlich zurück, da der Bruterfolg seit mehreren Jahren nicht ausreicht, um den Bestand zu erhalten. Ohne weitergehende Maßnahmen (Optimierung der Gebiete, Wiedervernässung, Flächenerwerb) dürfte der Bestand des Große Brachvogels in den nächsten Jahren noch weiter zurückgehen. Bekannte Brachvogel-Brutgebiete im Kreis Gütersloh und der Stadt Bielefeld seit den 1980er Jahren und Verbreitung der Revierpaare 2021. Die Gebiete ohne Punkte waren 2021 nicht besetzt.
Historische und aktuelle Brutgebiete der Uferschnepfe im Kreis Gütersloh.
Bekassine (Gallinago gallinago)Seit dem Jahr 2010 gilt die Bekassine im Kreis Gütersloh als ausgestorben. In Bielefeld brütete die Art zuletzt 1995 in den Rieselfeldern Windel. Als Durchzügler kann die Bekassine aber in einigen Feuchtwiesengebieten regelmäßig auf dem Frühjahrsdurchzug beobachtet werden. Leider hat es in den letzten Jahren keine Wiederbesiedlungsversuche mehr gegeben wie zuletzt in den Naturschutzgebieten Grasmeerwiesen (2004 bis 2006) und Schellenwiese (2004). Trotz geeigneter Lebensräume besonders in den Feuchtwiesenschutzgebieten ziehen die rastenden Bekassinen weiter in ihre Heimat-Brutgebiete im Norden und Osten Europas. Nennenswerte Bestände gibt es in NRW nur noch in (renaturierten) Moorgebieten, so dass die im Grünland brütenden Bekassinen praktisch ausgestorben sind. Aktuelle Zahlen für NRW zeigen einen Rückgang bis auf 11 Paare in den Jahren 2019 und 2020. Für 2021 wurde ein höherer Wert von 32 Paaren ermittelt. Eine Trendwende ist für diese Art, die sehr hohe Ansprüche an die Bodenfeuchtigkeit hat, aber nicht in Sicht. |
|||||
|
|||||
Uferschnepfen-Männchen und junger Brachvogel in der Rietberger Emsniederung 2021. Fazit:Die langjährige Bilanz für die Wiesenlimikolen fällt für alle Arten negativ aus. Neben dem Kiebitz und der Uferschnepfe nimmt nun auch der Große Brachvogel weiter ab. Damit erfüllt sich nicht die Hoffnung, dass in den extra ausgewiesenen Schutzgebieten die Brutbestände stabil bleiben oder sogar weiter zunehmen könnten. Es laufen dabei verschiedenen Entwicklungen gleichzeitig ab, die einen Einfluss auf die Situation der Wiesenvögel haben. Die Landwirtschaftspolitik fördert nach wie vor die großen Betriebe, die in der Regel eine starke Intensivierung der Nutzung auf allen Flächen durchführen. Gleichzeitig können diese Betriebe freiwerdende Flächen (Höfesterben) eher pachten als Kleinbetriebe, die die oft hohen Pachtpreise nicht zahlen können. In unserer Kulturlandschaft gibt es kaum noch extensiv bewirtschaftete Flächen, abgesehen von einigen Landwirten, die Extensivierungs-Pakete im Rahmen des Vertragsnaturschutzes abgeschlossen haben. Damit gibt es für den Großen Brachvogel, aber auch für die Uferschnepfe, keine geeigneten Brut- und Aufzuchtflächen mehr. Das Ausweichen auf Ackerflächen als Brutort führt in der Regel zu keinem Bruterfolg. Im Gebiet „Die Bastern“ in Rietberg ist so ein Fall eingetreten. Durch Intensivierungen in der Nutzung des Grünlandes sind die bekannten Brutwiesen nicht mehr geeignet für die Anlage eines Nestes (hoher Aufwuchs, dichte Bestände von Hochleistungs-Gräsern). Eine Ausweichfläche am Westfalenweg ist noch als Brutfläche bedingt geeignet, aber dort ist die Erweiterung eines Gewerbegebietes geplant. Die letzte bestehende Vertragsnaturschutzfläche in der Umgebung liegt ungünstig zwischen Gehölzbeständen, so dass sich dort der Große Brachvogel nicht ansiedeln kann. Es bleibt dann nur die Möglichkeit, einen Brutversuch auf Ackerflächen (z.B. Stoppelfeldern) zu versuchen. Ähnlich wie beim Kiebitz sind die Erfolgsaussichten jedoch aufgrund der Bewirtschaftungsgänge, die noch während der Brutzeit durchgeführt werden, auf diesen Flächen sehr gering. In der Bilanz sind von 51 bekannten Brachvogel-Brutgebieten nur noch 13 besetzt, die fast alle in Schutzgebieten liegen. In den Schutzgebieten werden zwar einzelne Flächen von öffentlicher Seite neu erworben oder es werden neue Vertragsnaturschutzflächen auf Privatbesitz eingeworben, aber die Mehrzahl der privaten Flächen wird sehr intensiv bewirtschaftet. Daher stehen die Schutzgebiete auch nur zu einem Teil den Wiesenvögeln uneingeschränkt zur Verfügung. Teilbereiche sind aufgrund der intensiven Nutzung auch innerhalb der Schutzgebiete nicht geeignet als Lebensraum. Auf den naturschutzgerecht bewirtschafteten Flächen im Besitz des Landes oder der Kommunen lassen sich aber auch nur bedingt Maßnahmen umsetzen, wenn direkt angrenzend Privatflächen betroffen sind. Die Eigentümer würden z.B. bei Wiedervernässungsmaßnahmen auf Schadenersetz klagen für Ausfälle bei der Ernte. Der Preis für den Erwerb von Flächen ist stark gestiegen. Dies erschwert den Ankauf durch die öffentlichen Stellen, die oft an bestimmte Preisgrenzen gebunden sind und mit privaten Interessenten nicht mithalten können. Daher kann ein Defizit bei der Optimierung der Schutzgebiete festgestellt werden und dies wirkt sich negativ auf die Qualität der Wiesenvogel-Lebensräume aus. Die klimatischen Veränderungen (trockenen Frühjahre, Sommerdürren) wirken sich u.a. auf die Vegetation in den Schutzgebieten aus. Neue Arten wandern ein und klassische Feuchtwiesenarten verschwinden. Dies hat auch Folgen für die Tierwelt der Feuchtwiesen und speziell für die Limikolenarten, die eigentlich feuchte, stocherfähige Böden benötigen, um Würmer und andere Kleintiere zu erbeuten.
Für das Jahr 2022 ist u.a. geplant, großflächige Schutzzäune im Versmolder Bruch und in der Rietberger Emsniederung zu errichten. Diese Elektro-Litzenzäune sollen die Bodenbrüter vor Bodenfeinden (Fuchs, Steinmarder, Waschbär) schützen und zu einer Erhöhung des Bruterfolges beitragen. Bereits 2021 wurden je 1 Gelege vom Großen Brachvogel und von der Uferschnepfe in der Rietberger Emsniederung mit kleinen Nest-Schutzzäunen versehen. Beide Gelege kamen zum Schlupf und die Küken liefen aus dem Schutzzaun heraus in die umliegenden Flächen, aber nur die Uferschnepfe konnte am Ende flugfähige Küken großziehen. Im Rahmen des aktuellen EU-LIFE-Projektes „Wiesenvögel NRW“ sollen in verschiedenen Vogelschutzgebieten in NRW die Bestände von Wiesenbrütern stabilisiert und erhöht werden. Die Rietberger Emsniederung ist ein Teilgebiet dieses LIFE-Projektes. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Optimierung der Lebensräume, aber lokal wird auch auf den Kauf von Flächen und eine Reduzierung der Prädation gesetzt. |
Siehe auch: Wiesenvogelkartierung Erfassung des Ste... Ergebnisse von de... Wiesenvogelkartie... Wiesenvogelkartie... Wiesenvogelkartie... |